„Hochzeit zu gewinnen“ ist eine heitere, romantische Komödie in der Hochzeit-Reihe von Daisy Summer.
Noch ein Hochzeitsbuch? JAAAA!!!!
Am 1. November 2019 hatten wir „Hochzeit auf Schottisch“ veröffentlicht. Da Julie geheiratet hat, waren wir komplett im Hochzeitswahn. Es ging gar nichts anderes. Und Hochzeiten sind ja nun mal wirklich spannend. Abgesehen davon ist der Roman ziemlich gut bei den Leserinnen angekommen. Wir sind soooo glücklich darüber!
Hochzeit zu gewinnen
Auch im neuen Buch „Hochzeit zu gewinnen“ geht es um eine Hochzeit. Wie der Titel sagt, gibt es dieses Mal eine Hochzeit zu gewinnen. Nicht für euch, sondern für die Protagonistin Lisa Mackenzie, 30, gebürtige Schottin, derzeit wohnhaft in New York und liiert mit dem Amerikaner Chris Coppola.
Lisa behauptet zwar, nicht abergläubisch zu sein. Aber eine Hochzeit ohne die komplette Familie bringt laut einem alten schottischen Sprichwort Unglück. Dieses Risiko will Lisa auf keinen Fall eingehen und darum nur in Anwesenheit ihrer gesamten Familie heiraten. Die lebt in Schottland und ist komplett verarmt. 70 Verwandte müssten nach Amerika eingeflogen, dort untergebracht und verköstigt werden.
Leider ist zwar Lisas und Chris‘ Liebe groß, nicht aber ihr Kontostand. Da kommt Lisas Freundin Molly, ebenfalls Schottin, ins Spiel. Sie überredet Lisa bei einem Tausch-Experiment mitzumachen, bei dem es eine Traumhochzeit in der angesagtesten Hochzeitslocation Schottlands zu gewinnen gibt.
Der Mann im Roman: Daniel Brown
Die Frau im Roman: Lisa Mackenzie
Leseprobe
Kapitel 0
Ein Traum von Hochzeit
Wer von uns Mädels träumt nicht von der großen Liebe?
Und, seien wir ehrlich, so wirklich groß ist die Liebe doch erst, wenn der Liebste vor uns niederkniet und um unsere Hand anhält. Mit vor Aufregung bebender Stimme, bangem Blick, Ringlein und so.
Oder wie seht ihr das?
Ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass ich mir seit jeher einen romantischen Antrag und eine schöne Hochzeit wünsche. Wobei das, was schön ist, im Auge des Betrachters liegt.
Für einige von uns gehören zu einer Traumhochzeit ein Kleid wie ein Baiser und eine weiße Kutsche mit acht Pferden davor, nebst ein paar hundert Gästen und einem Streichquartett.
Andere träumen von einer bunten Gartenhochzeit, zu der alle Leute vorbeikommen, mit denen man irgendwann im Laufe seines Lebens mal ein Wort gewechselt hat. Auf der Wiese steht ein großer Grill und in der Scheune wird getanzt, bis der Hahn kräht.
Und dann gibt es jene unter uns, die eine Hochzeit im engsten Kreis bevorzugen. Ein elegantes Kostüm angezogen und eine einzelne rote Rose dazu, zum Standesamt gegangen und nachher zum Lieblingsitaliener.
Jetzt möchtet ihr wissen, wie ich mir den schönsten Tag meines Lebens vorstelle, oder?
Ich bin ehrlich: Es ist mir egal.
Also, fast egal. Schlosshotel, Scheune oder Standesamt – ich will im Kreise meiner Familie heiraten. Gemäß dem schottischen Sprichwort: Nur eine Hochzeit im Schoße der Deinen ist ein gutes Omen.
Womit wir bei dem Problem wären.
Ich lebe in New York, bin aber gebürtige Schottin, mit einer 70-köpfigen Familie in den Highlands, die sich die Flüge zu uns niemals leisten können. Mein Schatz dagegen ist Amerikaner, dessen halb so große Verwandtenschar davon ausgeht, dass die Eltern der Braut für die gesamte Feier aufkommen. Wer mehr Sitzplätze verbraucht, zahlt alles. Fragt nicht, das ist deren Logik.
Blöderweise wurden wir Mackenzies übergangen, als die guten Geister die Schlösser, Burgen und Zauberkräfte verteilten.
Und meine Leute haben sowieso ihre eigene Logik. Die heißt: Es zahlt immer der, der Geld in der Tasche hat. Leuchtet mir persönlich mehr ein, aber das kratzt den Geist der Heirat nicht.
Kurz und nicht gut: Chris und ich würden liebend gern die kompletten Kosten übernehmen, schließlich ist es unsere Hochzeit.
Leider ist zwar unsere Liebe riesengroß, nicht aber der Kontostand. Es sieht also danach aus, als liefe es bei Chris und mir auf eine standesamtliche Trauung im engsten Kreis hinaus, mit anschließendem Besuch beim Lieblingsitaliener, schlechtes Omen inklusive.
Weit davon entfernt, Baltimore-Kennerin zu sein, gebe ich zu dieser Stadt meinen Senf ab. Keinen Löwensenf und keinen Lyon-Senf, aber auch nicht den okerfarbenen Matsch vom Weihnachtsmarkt, den man sich auf die Bratwurst zieht. Es ist bloß Maja-Senf oder wie man auch heute noch manchmal sagt: Meine 5 Cent. Und das mit den 5 Cents passt.
Do you have some change for me?
„Do you have some change for me?“, ist der Satz, den ich an den 3 Tagen in Baltimore am häufigsten höre. Kein Wunder, denn mein Hotel liegt am Rand zum Inner Harbour, dem Gebiet in direkter Nachbarschaft zu Downtown, also zur City. Dort, wo das Leben ist, wo es alle hinzieht. Wo die Unternehmen sind, das Congress Center, die schicken Hotels, Restaurants, Shopping-Malls.
Inner Harbour, was auf Deutsch so ziemlich Innenhafen bedeutet, ist ein schickes Gebiet mit vielen neuen, teuren Restaurants und ein paar kleineren Malls. Hier liegen auch fast alle Sachen, die einem Touristen für Unternehmungen empfohlen werden. Der Taxifahrer, der mich vom BWI, dem Baltimore-Washington International, zum Hotel bringt, sagt das auch gleich: „Inner Harbour, Inner Harbour … alle wollen nur noch dahin. Es ist schön da. Laufen Sie da ruhig mal rum.“ Er selbst hält sich da zwar nicht so oft auf, aber die Stadt tut was für … die Stadt.
Da ist heutzutage viel Polizei
Auf meine Frage, wie gefährlich Baltimore sei, meint der Taxifahrer abwägend: „Nicht sehr. Einige Arme. Sie haben keinen Job, keine Wohnung. Die betteln.“ „Das kenne ich aus meiner eigenen Stadt“, antworte ich. Und es stimmt. Wenn ich in die Essener City fahre, werde ich zwischen Limbecker Platz, Kettwiger und dem Kennedy-Platz mindestens zehnmal angeschnorrt. Selbst in dem reichen Stadtteil, in dem ich manchmal bei ALDI einkaufe, steht neuerdings oft einer von der Obdachlosenzeitung. In Baltimore passiert das auch, nur dass die Menschen mir keine Zeitung entgegen strecken. Ein paar Obdachlose liegen mitten auf einem Spazierweg, sodass man über sie stolpert. Bei Temperaturen um den Nullpunkt zieht es einige von ihnen in die Malls und großen Geschäfte, z.B. zu Barnes & Nobles, wo sie meist umgehend wieder von einem Türsteher an die frische Luft gesetzt werden. Und fast alle sind Schwarz. Auch die Türsteher. Das ist in Baltimore das Besondere. Das, was sofort jeden anspringt, der, wie ich, normalerweise in einer weißen Umgebung lebt.
Black City
Rund zwei Drittel der Einwohner Baltimores sind Schwarze, ein Drittel sind Weiße oder Latinos oder Asiaten. Damit ist Baltimore eine schwarze Stadt. Mein netter Taxifahrer ist schwarz, die herzallerliebste Rezeptionistin in meinem Hotel ist schwarz, die freakige Kellnerin ist schwarz. Selbst der Bürgermeister, Bernard Young, ist ein Schwarzer. Letzteres ist ja nicht so selbstverständlich, da die Machtpositionen ja auffällig oft von Privilegierten besetzt sind. Die schlecht bezahlten Jobs, die miesen Stadtviertel, die Schlafplätze auf dem Boden der Gehwege im schicken Inner Harbour gehören jenen, die in arme Familien hineingeboren wurden, im falschen Stadtteil, im falschen Land und so weiter. Die anderen ziehen in die schicken Vororte und treiben sich auf den Vorzeigemeilen herum, durchbrochen von dem ein oder anderen, der dich fragt, ob du ein bisschen Kleingeld für ihn übrig hast. So wie eine Nadel im Heuhaufen, die die immer mal wieder piekst: Es gibt nicht nur dich und deinesgleichen. Das habe ich schon in so vielen Ländern und Städten erlebt. Und auch studiert, früher, als ich noch keine Schnulzen schrieb. Nur da wusste ich es bloß aus Statistiken und Fachliteratur und es hat mich nicht so verdammt tief angerührt, obwohl ich es damals glaubte. Wobei der Anblick einer Schulklasse auf einem Ausflug fast schon verstörend ist: Um die 20 schwarze Kinder und eine weiße Lehrerin.
Urlaub mit Reality-Einlage
Drei Tage brauche ich, bis ich mich von einem Erlebnis beim Frühstück in meinem Hotel erhole. Ich lebe zurückgezogen und bin ein eher bescheidener Mensch, steige meist in kleinen Unterkünften ab. In Baltimore und später auf meiner Reise in Baltimore habe ich 3-Sterne-Hotels gebucht. In einem 5-Sterne-Hotel hätte ich das wahrscheinlich nicht erlebt. Der junge Mann mit den Rasta-Locken fällt mir zuerst am Waffelstand auf. Es gibt da zwei Waffelautomaten, mit denen man sich dicke amerikanische Waffeln backt. Echt lecker. Und einfach: Man sprüht das Waffeleisen mit Fett ein, zapft sich eine Tasse Teig und gibt den Teig in eine Form. Man klappt den Deckel zu und dreht die Form, die auf einer Achse angebracht ist, um. Von da an läuft eine Uhr. Nach zweieinhalb Minuten hebt man den Deckel und holt vier duftende Waffeln raus.
Der junge Mann mit den Rastalocken weiß anscheinend nicht, wie der Automat funktioniert. Ein anderer Gast fragt ihn irgendwie oberlehrerhaft, ob er das Teil nicht umgedreht hat und dreht es dann für den Jüngeren um. Später sitzt der junge Mann gemeinsam mit seinem Vater direkt am Tisch neben mir. Ich höre, wie der Vater sagt: „Don’t look so mad!“ Der Sohn lacht daraufhin laut und irre und ich habe meine Augen und Ohren jetzt ganz am Nebentisch. Der Junge hat keine Zähne und unzählige Nadeleinstiche auf seinen Handrücken. Ich glotze also dahin wie der letzte Gaffer bei einem Verkehrsunfall. Sind das die Folgen von … Crack? Ich wage die Frage kaum zu stellen. Der Vater schämt sich und sieht zugleich so unendlich traurig aus. Aber ja, das macht Crack. Scheiße. Die beiden stehen auf und hauen ab. Ich glotze immer noch wie ein Schaf.
Charme City
Ich habe keine Ahnung, was in Baltimore getan wird, um Armut, Ungleichheit, das Drogenproblem etc. in den Griff zu bekommen. Mit dem Slogan „Baltimore is Charme City“ wird versucht, die Wahrnehmung der Stadt in der Öffentlichkeit zu verbessern. Damit werben die Verantwortlichen im Internet, das steht auf den Bussen. Baltimore is charming. Baltimore hat Charme.
Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen, ausgerechnet nach Baltimore zu reisen. Die Stadt landete auf meinem Reiseplan, weil ich meinen Liebsten zu einem Kongress begleitet habe. Und weil es nur 1 Stunde mit dem Schnellzug von New York entfernt ist. Und weil ich vorher noch nie an der Ostküste gewesen bin. Also bin ich mit und habe mich dort umgesehen, während der Liebste über Fußball im Congress Center weilte.
Soweit ich davon entfernt bin, eine zertifizierte Baltimore-Expertin zu sein, so weit ist Baltimore davon entfernt, ein widerliches Drecksloch zu sein, in dem alle Jugendlichen im Drogensumpf versinken. Es gibt wahrscheinlich nicht mehr Elend als anderswo auf der Welt. Mir fällt es hier nur ganz besonders auf, weil die sichtbare Armut in allen Fällen mit der Hautfarbe zusammen fällt. Es gibt auch Schönes, wie den schicken Inner Harbour. Und Historisches. Zum Glück.
Star Spangled Banner
In meinem Hotel , einem alten Speicherhaus, wurde 1813 sage und schreibe die amerikanische Flagge genäht. Kurz darauf wurde das Haus in eine Brauerei umgeändert. Heute ist es ein wahnsinnig cooles Hotel. Hierzulande würde es als Boutique-Hotel durchgehen und viel mehr kosten. Die Nacht inklusive Frühstück hatten wir für 90 Dollar. Für 2 Personen, da in USA Zimmerpreise gelten.
Mein Hotel von der Seite, eine alte Lagerhalle. Früher Brauerei UND in diesen Räumen wurde einst die amerikanische Flagge genäht. Kein Scherz. Mein Hotel von einer anderen Seite. Absolut empfehlenswert. Supersauber, stylish und mit historischem Background. Und für amerikanische Verhältnisse billig.
Baltimore ist lecker: Little Italy
Hinter dem Hotel liegt Little Italy. Dort kann man sich in unzähligen, reizenden Restaurants, die sich in schnuckeligen Reihenhäusern befinden, den Bauch vollschlagen. Es gibt viele Restaurants, in denen die in Baltimore legendären Crabs in allen möglichen Varianten zubereitet werden. Immerhin liegt die Stadt am Meer und manche Läden heißen tatsächlich „Bubba Gump Shrimp“ oder es hängt ein Schild im Fenster, auf dem steht, dass es hier Bubba Gump Shrimp gibt. An dieser Stelle sollte ich, wie so viele Reiseführer, sagen: Esst auf jeden Fall ein Crab-Sandwich, wenn ihr hier seid. Ja, ist echt lecker. Aber ich bin ja sowieso ein bisschen verfressen.
Hunger, Sprudelwasser und Sightseeing
In Inner Harbour wundere ich mich nicht nur so sehr über die vielen Schwarzen, dass ich mir Statistiken über die Stadt besorge. Ich wunder mich auch, wo die Leute einkaufen, denn ich finde nur einen einzigen 7/11, was sowas wie ein Kiosk ist. Aber ich finde keinen einzigen Supermarkt. Und mein Liebster will Mineralwasser, also Wasser mit Blubber, worunter man zumindest in diesem Teil im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, süßen Sprudel versteht.
Auf mein unverständiges Nachfragen, erklärt mir eine bildhübsche (schwarze) Hotelangestellte namens Jewel, wo ich den nächsten Supermarkt finde. Auf dem Weg dahin gelangt man nach Fell’s Point, wo ich sowieso hin will. Also erst kommt der Supermarkt. Whole Foods. Da gibt es sogar fertig gekochtes Mittagessen mit Kalorienangabe, das man sich wie den Salat in manchen Supermärkten bei uns in Germany, in Boxen packt und nach Gewicht bezahlt. Wem das an Nährstoffen nicht reicht, der kann sich in mehreren Riesenregalreihen mit Proteinen und Vitaminen in Pillenform bedienen. Dermaßen gestärkt gehe ich also nach Fell’s Point, dem Top-Touri-Spot von Baltimore.
Fell’s Point
Warum auch immer, aber im Fenster eines der ersten Läden, an denen ich vorbeikomme, hängt ein Schild, dass es hier alle Arten von Weed gäbe, man aber kein Rezept vom Arzt brauche, um es zu bekommen. Ich gehe nicht rein, frage nicht nach, ob man dort bekäme, wovon ich glaubte, dass es das dort gäbe. Die Shisha-Pfeifen im Schaufenster sind sicher bloß für Leute mit Atemwegsproblemen. Ich mache lieber einen auf blinden Touri . Bloß nicht noch so einen Anblick wie den Jungen und seinen traurigen Vater beim Frühstück. Herrje, ich schreibe Schnulzen. Das hat verdammt nochmal Gründe, wie ich jetzt wieder erinnert werde.
Und es geht echt bergauf. Es gibt ein altes und ein neues Fell’s Point. Fell’s Point ist eine Neighbourhood, d.h. eine Ansammlung von Häusern, in denen die Menschen leben. Im neueren Teil sind die Attraktionen die Kunst-Galerien, von denen der Ort einige hat.
Im alten Teil sind die Attraktion die Häuser selbst. Fell’s Point liegt an der Chesapeake Bay, wurde 1763 gegründet und sowohl die Häuser als auch die Pflasterstraßen sind viel zu gut im Original erhalten. Es gibt einige Hotels, Restaurants, Bars, Galerien, Boutiquen und Theater. Nicht so viele wie ich nach der Lektüre der Reiseratschläge im Internet erwarte, aber doch einige. Bei Sonnenschein erlebt man hier sicher Vintage-Romantik pur. Aber ich bin ja bei Minus 3 Grad da. Leichter Schneefall inklusive. Selbst in dem Hüte-Laden mit der zitronengelben Tür zieht es wie Hechtsuppe. Mich wundert ehrlich gesagt, dass die Verkäufer keine Mütze auf dem Kopf haben. Die sind vielleicht zu teuer.
Bars, Restaurants und kleine Shops im historischen Fell’s Point, Baltimore, Maryland, USA
Fazit
Okay. Begeisterung klingt anders. Urlaub in Baltimore machen, im Sinne von 3 Wochen Meerluft schnuppern, Drachen-Tretboot fahren und sich im Spa die Fußsohlen massieren lassen? Eher nicht. Nicht, dass ich das erwartet hätte. Ich bin ohne jegliche Erwartung mit dorthin geflogen. Einfach mal gucken, was da geht. Ein paar Tage eine andere Welt hinein riechen: Das kann man in Baltimore auf jeden Fall. Es bewahrt einen mindestens vor einer Wohlstandsdepression. Nach einer Reise kommt man immer als ein etwas anderer Mensch zurück. Und so etwas gefällt mir. Ich bin also durchaus begeistert. Wie man den Fotos entnehmen kann, hatte ich einige Aha-Momente. Vielleicht komme ich eines Tages wieder. Wenn die Sonne scheint.
Fotos
Hausecke mit RestaurantFeuerleiterWohnhäuser in Fell’s PointModerne ElektrizitätÖffentliche Bücherei, das Eingangstor. Sieht auf dem Foto süß aus, wirkt in echt sehr baufälligDas Gebäude der öffentlichen Bücherei, StraßenfrontBlumenkästenBuchladen mit tollem Namen und ÖffnungszeitenVor lauter Grusel habe ich die schwarze Kellertür unter dem Schild nicht fotografiertWohnhäuser in Fell’s PointTypisches RestaurantTheaterTheaterLife’s a parta. Dress for it. Bars, Restaurants und kleine Shops im historischen Fell’s Point, Baltimore, Maryland, USAWater Taxi StationHafen Fell’s PointKopfsteinpflaster mit alten StraßenbahnschienenMan achte auf die Kellertür unter, bzw. vor dem EingangWas befindet sich hinter dieser Tür? Mülltonnen!Guckt mal die Straßennamen …Build-a-Bear Workshop in Inner Harbour, BaltimoreDrachen-Tretboot fahren in der Chesapeake Bay, Inner HarbourWer keinen Drachen treten will, kann Piratenboot fahrenBaltimore liegt an der Cheasapeake BayEine der Touri-Attraktionen: U-Boot aus dem 2. WeltkriegSpaziermeile im Vorzeigeviertel Inner Harbour, BaltimoreLaden der Buchkette Barnes&Nobles. Manch verrückter Leser picknickt darin.Der Spruch hängt vor dem Eingang des Buchladens
Wenn man in die Jahre kommt, macht man sich ab und zu Gedanken. Zum Beispiel Gedanken über das Glück. Es müssen nicht viele Gedanken sein. Manchmal reicht so ein kleines Gedankenfitzelchen. So wie heute beim Einkaufen, beziehungsweise danach.
Lakritzbonbon mit Weingummianteil. Yummy . Das ist Glück. Für mich.
Ich war also einkaufen. Bei Aldi, um mich als Sparfuchs, Nicht-gerne-Einkäuferin und Haterin von Schlangen an der Kasse zu outen. Das nur nebenbei. Abgesehen von allerlei Zutaten, die ich in den kommenden Tagen an meinen Mann verfüttern werde, habe ich Lakritzbonbons gekauft. Normalerweise kaufe ich die mit dem Zucker oben drauf, um den Ungesund-Effekt zu maximieren. Heute habe ich aber die anderen gekauft. Die ohne Zucker oben drauf, nur mit Zucker innen drin. Einfach so. Um mal was anderes auszuprobieren. Ja, und dann war ich durch die Kasse durch, habe die Einkäufe in den Kofferraum geräumt und den Einkaufswagen zurück gebracht. Und dann stand da dieser Mann neben den Einkaufswagen .
Mit intakten Zähnen und einem selbstbewussteren Lächeln hätte er durchaus einer der bildschönen Protagonisten aus meinen Liebesromanen sein können. War er aber nicht. Er hieß nicht Finn oder Dante wie die beiden Schnuckis in „Zwei wie Chili und Schokolade„. Er hatte keinen Food Truck. Er besaß nicht mal einen eigenen Herd mit einer einzigen Kochplatte, denn Mehmet ist obdachlos. Obdachlos, erwerbslos, aber nicht arbeitslos. Der 22-Jährige mit den braunen Augen und dem braunen Strubbelhaar verkauft die Obdachlosenzeitung. 2,40 Euro kostet sie. 49 Cent weniger als die meisten meiner Liebesromane.
Zu dem Zeitpunkt, als ich Mehmet traf, stand er seit 7 Stunden vor Aldi, neben den Einkaufswagen und hielt die Zeitung vor seine Brust.
Lakritz in Pyramidenform. Da kann man sich vorstellen, man wäre in Ägypten oder in Mexiko, wenn man es isst. Dann ist man gleich aus zwei Gründen glücklich.
Abgesehen von meinem Mann war er der Einzige, der mich bis dahin angelächelt hatte. Ich weiß nicht, ob Mehmet ein bisschen geschummelt hat, als er mir sagte, dass auch ich an diesem Tag die Einzige war, die ihn angelächelt und die ihn angesprochen hatte. Ich bin keine Plaudertasche, eher so eine Schreibtasche. Deshalb hatte Mehmet entweder Glück oder Pech, dass ich von ihm wissen wollte, wie lange er da schon so rumsteht und was die Zeitung kostet und was drin steht, wie es in der Redaktion aussieht, ob er eine bestimmte Anzahl verkaufen müsse und ob er auch was geschrieben hätte. Hatte er nicht.
„Ich verkaufe nur“, sagte er. Hunger hatte er keinen. „Auch nicht auf was Süßes?“, habe ich ihn gefragt. Wie ich drauf kam? Weil seine Zähne so schlecht waren, weil ich selbst ständig was Süßes will, weil ich mich mies fühlte, weil es mir so gut geht und ihm nicht. Und weil er mir, obwohl er viel weniger hat als ich, eins von zwei Lächeln des Tages geschenkt hat.
Wir haben zusammen ein paar Lakritze gegessen und ein bisschen gequatscht. Danach bin ich nach Hause gefahren, hab das Auto vor dem Haus mit dem dichten Dach geparkt, die Einkäufe ins Warme gebracht und kühl gestellt, sauberes Wasser aus dem Hahn getrunken und bin eine Runde spazieren gegangen. Unterwegs habe ich das Altpapier in den Container geworfen. Eine Obdachlosenzeitung war nicht dabei, dafür Reklame und Verpackungsmaterial von diversen Paketlieferungen und ein Eierkarton.
Und als ich fast wieder Zuhause war, kramte die unfreundliche Nachbarin vor ihrer Garage herum. Die Frau grüßt uns nie. Ihr Mann übrigens auch nicht. Sie passen immer fein auf, dass wir nicht so parken, dass sie mit ihrem Auto rangieren müssen, wenn sie aus ihrer Garage raus wollen. Wir grüßen die beiden immer, schon um sie zu ärgern. Und heute habe ich sie wieder gegrüßt und gelächelt, was das Zeug hält. Und da hat sie mich hörbar zurückgegrüßt und sogar ein bisschen gelächelt.